Ein Ablassbrief von 1303 und ein Weihebrief von 1396?
Der Schwyzer Pfarrer Thomas Fassbind berichtete in seiner Religionsgeschichte des Kantons Schwyz von einem Ablassbrief und einem Weihebrief aus dem 14. Jahrhundert für die Lauerzer Kirche. Der Ablassbrief sei aus dem Jahr 1303 gewesen, der Weihebrief aus dem Jahr 1396. Fassbind schreibt, dass er die beiden Urkunden «selbst (anno 1796) gesehen und gelesen hab».1Thomas Fassbind, Religionsgeschichte, p. 4 verso Beim Bergsturz 1806, der auch einen Teil des Lauerzer Kirchenarchivs vernichtete, seien diese beiden Urkunden zerstört worden. Der Ablassbrief von 1303 bestätige, so Fassbind, das Lauerz bereits in dieser Zeit eine Kirche hatte. Der Weihebrief von 1396 habe dann den Bau einer neuen Kirche zum Anlass gehabt. Fassbind ging deshalb davon aus, dass die «vorige [Kirche] baufällig, und alt, wenigst 2- 300 Jahr alt müsse gewesen seyn».2Thomas Fassbind, Religonsgeschichte, p. 5 recta Die neue Kirche sei am 19. Oktober 1396 von einem Konstanzer Bischof namens Heinrich eingeweiht worden. Diese Kirche habe nicht an der heutigen Stelle, sondern auf der Kapellmatt, rechterseits der alten Landstrasse nach Arth, gestanden.3Thomas Fassbind, Religionsgeschichte, p. 9 recta Auch soll nur ein Altar in dieser alten Kirche vorhanden gewesen sein. Freilich hat Fassbind diese alte Kirche nicht selber gesehen, sondern wohl nur die beiden Urkunden aus dem 14. Jahrhundert.
Die älteste Urkunde aus Lauerz
Die älteste Urkunde, die das Lauerzer Gebiet betrifft, stammt aus dem Jahr 1286. Die Äbtissin Berchta und der Konvent des Zisterzienserinnenklosters in der Au in Steinen erhielten im April 1286 von einem Schwyzer Landmann namens Konrad Hesso und dessen Gattin ein Landstück mit Gaden (lateinisch: „ovile“) namens „Swandon uf Zinglen“4QW, Abt. 1, Bnd. 1, Nr. 1485 geschenkt. Dies zum Seelenheil des Ehepaares und deren Eltern. Das Grundstück mit Gaden wurde in einer ergänzenden Urkunde vom Kloster wiederum an Konrad Hesso bzw. dessen Gattin zur Pachtnahme auf Lebenszeit übertragen, anschliessend fiel es ans Kloster zurück5QW, Abt. 1, Bnd. 1, Nr. 1486.
Vermutlich war mit diesem Grundstück namens „Swandon uf Zinglen“ entweder die Alp Schwand oder die Schwändi in Lauerz gemeint. Es kommt jedoch eher die Alp Schwand in Frage, weil mit dem urkundlich erwähnten Namen «Zinglen» der ganze Urmiberg gemeint gewesen sein könnte.6Viktor Weibel, Namenbuch, Band 4, S. 353 Auch Carl Zay schreibt in seinem Schuttbuch im Jahr 1807 vom «Zingel- oder Urmi-Berg».7Carl Zay, Goldau, S. 260 Es könnte auch die Schwändi in Frage kommen, weil diese einst durch einen Fussweg mit dem Zingel verbunden war (s. Dufourkarte unten).
Erstaunlich an dieser Urkunde ist, dass sie älter ist, als die älteste Namensnennung von Lauerz. Bereits um 1286 waren in Lauerz abgelegene Orte wie die Alp Schwand urbar gemacht und darauf Gebäude errichtet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das Dorf und die tiefer gelegenen Landwirtschaftsgüter bereits einige Generationen früher besiedelt wurden.
Dass in der Urkunde von 1286 «Swandon» als erste in der Reihe der Liegenschaften genannt wurde, deutet darauf hin, dass es für die Eigentümer das bedeutendste Grundstück innerhalb der Schenkung war.
Auch ist interessant, dass kein einziger von den Männern, die diese Urkunde bezeugten, aus dem Arthertal, geschweige denn aus Lauerz stammte. Sie kommen aus Schwyz, Steinen, Seewen, Iberg und Wilen (Ingenbohl). Könnte dies darauf hindeuten, dass die Alp Schwand bereits um 1286 zum Rechtsbezirk der Schwyzer Talschaft gehörte?
Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch das Heimwesen Chlostermatt in Lauerz dem ehemaligen Kloster in Steinen gehört haben dürfte.
Lateinischer Text8Aegidius Tschudi, Chronicon Helveticum, 1. Abt., Band VII/3, 1286, S. 60 und 61:
Ad propagandam noticiam rei gestae tollendumque materiam dubiae quaestionis, nos Chonradus dictus Hesso et Gerdrudis coniuges notum facimus praesentium inspectoribus et auditoribus universis, quod nos a nullo seducti et a nemine circumventi pari animo et spontanea voluntate in remedium animarum nostrarum et parentum nostrorum donavimus et contulimus ac conferimus per praesentes religiosis dominae abbatissae et conventui dominarum de Steina nomine sui monasterij Cistertiensis ordinis, Constantiensis dioecesis, proprietatem ovilium subscriptorum, videlicet ovile an Swanden uf Zingeln, ovile an Höhen an Mûtenvelde et ovile zem Halten an Ibergsvelde ac casale apud ripam ante domum nostrani libere et absolute sine diminutione qualibet possidenda, praelo terquam quod domina Ita mater meae Gerdrudis praedictae usufructus ovilium praedictorum uf Zingeln et an Höhen plenariae percipiet tempore vitae suae. Etc. pp.
Deutsche Übersetzung9QW, Abt. 1, Bnd. 1, Nr. 1485:
Konrad Hesso und seine Gattin Gertrud schenken zu ihrem und ihrer Eltern Seelenheil der Äbtissin und dem Konvent der Frauen von Steinen zu Handen ihres Klosters vom Zisterzienser-Orden das Eigentumsrecht über nachstehende Gadenstätten: nämlich die Gadenstatt an «Swandon uf Zingeln», diejenige an «Höhen an Mütenvelde», diejenige zu «Haltun an Ibergsvelde» und die Hütte am Gestande vor ihrem Haus, zu uneingeschränktem Besitz, ausser dass Gertruds Mutter, Frau Ita, auf Lebenszeit die volle Nutzniessung der Gadenstätten auf Zingeln und an den Höhen haben soll. Das Ehepaar leistet Verzicht auf alles Recht und jede Einrede.
Zeugen10Aufzählung gemäss Wilhelm Oechsli, Anfänge, Regesten S. 86, Nr. 294: Die Minderbrüder Hemann und C. , Almosensammler im Tale Schwyz, Bruder Jo., Kaplan der genannten Nonnen, Herr C. Pfarrer von Schwyz, Herr Ulrich, sein Gehilfe, Herr Jos. Vizeleutpriester in Steinen, Ulrich von Wile, Wernher von Seewen, Konrad ab Yberg, Wernher genannt Tiring, Amänner des Tales Schwyz, Konrad genannt Hunno, Konrad Stapfer, Arnold von Seewen, Johannes genannt Locholf und Petrus, sein Sohn und andere.
Gesiegelt mit dem Siegel der Talschaft Schwyz.
Arth und Lauerz im Habsburger Urbar
Um das Jahr 1306 erstellten die Habsburger ein Urbar, das heisst eine Auflistung von Liegenschaftsbesitz, von Pflichten und Rechten der einzelnen Dörfer und Städte in ihrem Herrschaftsbereich. Es handelt sich bei diesem Urbar um eine wichtige Quelle, wenn es darum geht, habsburgischen Besitz und Rechte in einem Gebiet nachzuweisen. In diesem Urbar taucht auch der Name Lauerz zum ersten Mal schriftlich auf. Darin ist vermerkt, dass Lauerz in Gerichts- und Steuerangelegenheiten dem habsburgischen Verwaltungshof, namens „Oberen Hof“, in Arth unterstellt sei. Die Habsburger gelangten durch das kyburgische Erbe in den Besitz des Oberarther Hofes. Die Rechte über Lauerz dürften sie ebenfalls von den Kyburgern übernommen haben.
Die Stelle über Arth und Lauerz im Habsburgischen Urbar lautet verkürzt und in neues Deutsch übersetzt: Der Hof zu Arth, der Eigentum der habsburgischen Herrschaft ist, hat 6 Huben und 11 Schupossen, 6 Schweiglehen, ein «Wohluislins» Gut und ein «Ungerihtiges hofstat» in Oberarth, sowie ein «Sweigers Gut» in Steinen. Die Herrschaft Habsburg hat über denselben Arther Hof die Niedergerichtsbarkeit inne und richtet über Diebstahl und Frevel (mittlere Gerichtsbarkeit). Der niederen- und mittleren Gerichtsbarkeit des habsburgischen Arther Hofes sind auch folgende Dörfer unterstellt: Oberdorf (d.h. Oberarth), Goldau, Buosigen, Lauerz, Gengigen und Röthen. Die Leute, die in diesen Orten wohnen, zahlen zusammen jährlich 41 Pfund, zumindest jedoch 32 Pfund an Steuern.11HU, Band I., S. 213
Diese Stelle im Habsburgischen Urbar umfasst in der transkribierten Ausgabe total 33 Zeilen und ist in zwei Teile unterteilt. Der erste Teil bis Zeile 14 (s. Bild, S. 213) behandelt den von Habsburg beanspruchten Grundbesitz, dessen Zinsen in Naturalien und Geld, sowie weitere zinsbare Güter. Auch eine Fischenz in Arth wird erwähnt. Im ersten Teil geht es also um die Rechte an Grundstücken und Einkünften. In diesem Teil wird Arth, Oberarth und Steinen erwähnt. Der zweite Teil, ab Zeile 26, behandelt die auszuübende Gerichtsbarkeit Habsburgs und die einzutreibende Steuer. Erst hier, wo es um die Gerichtsbarkeit und Besteuerung geht, tauchen die Dörfer Buosigen und Lauerz auf. Weil dieses Schema (zuerst Rechte an Einkünften, dann Gerichtsbarkeit und schliesslich Besteuerung) über das ganze Habsburgische Urbar angewendet wird, bedeutet dies möglicherweise für Lauerz und Buosigen, dass es hier um 1306 keinen habsburgischen Grundbesitz gab. Trotzdem ist nicht auszuschliessen, dass gewisse Höfe in den beiden Dörfern dem habsburgischen Arther Hof Naturalien oder Geld abliefern mussten. Die Grundstücke in Lauerz und Buosigen könnten also auch anderen Herrschaften, Klöstern oder freien Leuten gehört haben. Allerdings beanspruchten die Habsburger über die Dörfer Lauerz und Buosigen die niedere („Twing und Bann“) und mittlere Gerichtsbarkeit („Dieb und Frevel“) und verlangten eine Steuer. Die Inanspruchnahme der niederen Gerichtsbarkeit von Seite der Habsburger lässt sich mit dem Eigentum des Oberarther Hofes erklären, die mittlere Gerichtsbarkeit wohl mit dem Grafschaftsrecht12HU, Band II, 2, S.547, das die Habsburger vom König erhielten.
Die Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit stand ursprünglich den freien Gemeindegenossen zu, wurde dann von den Habsburgern beansprucht und kam ab dem 14. Jahrhundert wiederum an die Gemeinde zurück.13HU, Band II, 2, S.547 Die Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit Habsburgs in Lauerz wird deshalb, wenn überhaupt, nur ein vorübergehender Zustand gewesen sein. Sowieso ist fraglich, ob diese Forderungen der Habsburger nach Gerichtsrechten und Steuern in Lauerz stets durchgesetzt werden konnten, weil in unmittelbarer Nähe zu Lauerz die Schwyzer ihren Einfluss auszudehnen begannen. Lauerz war stärker mit Schwyz verbunden, als die restlichen Dörfer im Arthertal, da es Teil der Kirchhöre Schwyz war.
Lauerz in der Kirchgemeinde von Schwyz
Die Lauerzer wurden um 1306 einerseits vom habsburgischen Verwaltungshof in Oberarth als Hofgenossen angesehen, die dorthin Steuern entrichten sollten, andrerseits waren sie auch Kirchgenossen der Pfarrei Schwyz.
Festzuhalten ist, dass in den damaligen mittelalterlichen Verhältnissen die Kirchenzugehörigkeit eine wichtige gesellschaftliche Stütze für den einzelnen Menschen war. Die Organisation der Kirchgenossen war für das Zugehörigkeitsgefühl des Einzelnen wichtiger, als die Organisation der Hofgenossen. Die Zugehörigkeit zu einer Kirchhöre (=Pfarrei) bildete „den kleinsten gemeinsamen Nenner“ der damaligen Gesellschaft.14Thomas Glauser, Die Bevölkerung im ausgehenden Mittelalter, Geschichte SZ, Band 2, S. 182
Lauerz war lange Zeit keine eigene Kirchhöre. Es gehörte, anders als die anderen Dörfer im Arthertal, nicht zur Kirchgemeinde Arth. Einen Hinweis darauf gibt bereits eine Urkunde aus dem Jahr 1353, in der die Adlige Maria von Baden den habsburgischen Verwaltunsghof in Oberarth an „die kilchgenossen ze Arth und ze Goldow“15QW, Abt. I, Band 3, Nr. 1084 (S. 792-794) verkaufte. Lauerz gehörte dieser politisch einflussreichen Kirchgemeinde in Arth und Goldau (spätere Unterallmeind) um 1353 nicht an. Es liegt auf der Hand, dass Lauerz in dieser Zeit zur Kirchhöre St. Martin in Schwyz gehörte, die den ganzen Schwyzer Talkessel umfasste. Der Name Schwyz bezeichnete früher das ganze Tal und nicht nur den Flecken; letzteren nannte man „Kilchgassen“. Die Pfarrkirche St. Martin war vermutlich seit dem Frühmittelalter die Mutterkirche der heutigen Pfarreien im Bezirk Schwyz16Hans Stadler-Planzer, 900 Jahre Oberallmeinkorporation, S. 16 (ausgenommen Arth und Goldau). Verbunden mit der Schwyzer Kirchgenössigkeit war wahrscheinlich auch die Allmeindgenössigkeit der Einwohner von Lauerz. Deshalb erstreckte sich die Schwyzer Oberallmeind17Ebd. S 18 bis zu den Lauerzer Alpen und Wäldern, aber nicht über den Teubertsbach zum Twäriberg und in die Gemeinde Arth. Eine Stütze für die Zugehörigkeit von Lauerz zur Schwyzer Kirchhöre erhalten wir am 29. Dezember 1420, wo Lauerz in einem Ablassbrief als Filiale von Schwyz erwähnt wird.18Geschichtskalender, 1918/78 Vierzig Jahre später, im Jahr 1462, sagt Landamann Ital Reding aus, dass die Lauerzer „seit alters her“19Geschichtskalender, 1907/64 Kirchgenossen von Schwyz gewesen seien. Es ist davon auszugehen, dass Lauerz bereits vor dem Jahr 1353 Teil der Kirchhöre Schwyz war und auf Grund der wichtigen Stellung der Kirchhören in der mittelalterlichen Gesellschaft enger mit der Talschaft Schwyz verbunden war, als mit dem habsburgischen Verwaltungshof in Oberarth.
Lauerz wird ins Schwyzer Landrecht aufgenommen
Die Schwyzer hatten Anfangs 14. Jahrhundert ihren Einfluss im Arthertal merklich ausdehnen können. Dazu beigetragen haben dürften auch die Schlacht am Morgarten und der darauf folgende Bundesschluss von 1315, welche beide den habsburgischen Einfluss in der Urschweiz schwächten.20Josef Wiget, Morgarten, S. 39 Im November 1331 finden wir einen Schwyzer Amman namens Tyring21QW, Abt. I, Band 2, Nr. 1600 (S. 783) in Goldau. Dieser wird in einer Urkunde als «Richter» bezeichnet. In dem sich die Schwyzer auf Arther Gebiet richterliche Entscheidungen vorbehielten, wurde der habsburgische Gerichtsbezirk nicht mehr anerkannt. Dieses «Gerichtsprivileg» bedeutete einen Machtzuwachs für die Schwyzer. Mittels Erwerbung von Gerichtsbarkeiten, insbesondere der Niedergerichtsbarkeit, versuchten die Eidgenossen habsburgische Einflüsse auf ihrem Gebiet auszuschalten.22Bruno Meyer, Hochmittelalterliche Grundlagen, in Geschichtsfreund, Band 100 (1947), S. 32 Auch die Gerichtsbarkeit in Lauerz, das um 1306 gemäss Habsburger Urbar einem habsburgischen Richter unterstand, wurde wohl von den Schwyzern beansprucht. Denn das Schwyzer Landrecht galt spätestens ab 1338 im Raum Arth, wo es selbst ein habsburgischer Beamter anerkennen musste.23QW, Abt. I, Band 3, Nr. 203 (S. 139): Am 8. Februar 1338 fordert ein von Stoffeln, habsburgischer Pfleger in Rothenburg, von den Arther Hofleuten 500 Pfund ausstehende Zinsen und Abgaben in Raten abzubezahlen. In dieser Urkunde ist die Rede davon, dass die fünf Arther Bürgen diesen Betrag in einem Wirtshaus in Arth abliefern sollen und dies soll «nach des landes recht und gwonheit ze Swiz» geschehen. Lauerz wird vermutlich spätestens 1338 nicht mehr der Gerichtshoheit der Habsburger unterstellt gewesen sein, sondern dem Land Schwyz.
Als weiteres Indiz für die Geltung von Schwyzer Landrecht im Raum Lauerz und Arth dient eine Urkunde vom 11. November 1338.24QW, Abt. I, Band 3, Nr. 231 (S. 158) Darin beschliessen die Landleute von Schwyz einem Schmied von Steinen den Blattiswald am Lauerzersee zu Eigen zu übergeben. Es wird darin auch erwähnt, dass wer auch immer aus dem Land Schwyz, sei er aus Arth oder von sonst woher, in diesem Bannwald Holz frevle, bestraft werden solle. In dieser Urkunde wird Arth von den Schwyzern unmissverständlich als Teil des Landes Schwyz betrachtet. Lauerz wird hier zwar nicht explizit erwähnt, es ist allerdings davon auszugehen, dass es ebenso wie Arth, als Teil des Landes Schwyz angesehen wurde.
Die oben genannte Urkunde von 1338 wurde, nebst dem Landamann Stauffacher und drei weiteren Schwyzern, auch von einem «Johans am Velde» bezeugt. Dieser Johans am Velde (oder dessen Sohn) besiegelt dreissig Jahre später, im Jahr 1368, den Verkauf der Liegenschaft Rüti in Lauerz.25STASZ, HA.II.197 Möglicherweise handelt es sich bei ihm um einen Vorsteher der Schwyzer in Lauerz bzw. im Arthertal.
Die erste Erwähnung der Lauerzer Alpen im Jahr 1339
Am 24. Juni 1339 beschloss die Schwyzer Landsgemeinde, dass kein Holz mehr in der Landwehri geschlagen werden dürfe. Mit der Landwehri waren die Grenzen des Alten Landes Schwyz gemeint. Mit dem obigen Beschluss wollte man den grenznahen Wald schützen, damit es einem Gegner erschwert würde, ins Land einzufallen. Das Holzschlagen war jedoch nicht gänzlich verboten. Es wurde im Beschluss nämlich eine Ausnahme gemacht: Wenn das Holz für Alphütten unter der Hochflue verwendet würde, dürfe man es schlagen. Der betreffende Abschnitt lautet im Originalwortlaut wie folgt:
«Wir haben ouch vorgelassen: Wolte aber jeman gerne huiten machen uf der langen matten oder an dem rosseverrich oben uf der Egga oder an dem Buelerberge, an dem stahpel, der under der Honfluo lit oder an dem stapfel, dem man sprichet ze den obren Huitten, öch an dem Buelerberge, das mag er wol houwen in der lantweri, ob er es gerne tuot; damit hat er enkeinen einung fuirschuldet; er sol aber houwen, so er unschedlichest muge, an alle geverde.»26QW, Abt. I, Band 3, Nr. 274 und STASZ HA.II.113
Deutsche Übersetzung:
Wir (die Landsgemeinde von Schwyz) haben auch verlauten lassen: Wenn jemand gerne Hütten bauen will, sei es auf der langen Matten oder beim Rosspferch oben auf der Egg oder am Büelerberg, beim Stafel, der unter der Hochflue liegt oder beim Stafel, den man «zu den obren Hütten» nennt, ebenfalls am Büelerberg gelegen, solches Holz darf er in der Landwehri schlagen. Jedoch soll er darauf achten, dass er beim Holzen so wenig Schaden wie möglich anrichte.
Wir wollen herausfinden, was für Alpen hier gemeint sein könnten. Die «langen Matten» sind wohl mit der Langmatt in Ingenbohl identisch. Dort stand früher also eine Hütte. Beim «rosseverrich oben uf der Egga» handelt es sich um einen Rosspferch auf der Alp Egg. Man hielt offenbar Pferde auf dieser Alp. Auch kommt der Name «Buelerberg» in dieser Urkunde zum ersten Mal vor. Beim «staphel, der under der Honfluo lit» oder «stapfel, dem man sprichet ze den obren Hütten» war möglicherweise der Gurgen oder Iltis gemeint.
Der Beschluss lässt erkennen, dass diese Alpen unter der Hochflue für die Schwyzer Landsgemeinde im Jahr 1339 von grosser Wichtigkeit waren. Nur so lässt sich erklären, dass das Holzschlagen für diese Hütten vom Bann der militärisch wichtigen Landwehri ausgenommen war. Es ist jedenfalls gut denkbar, dass die Schwyzer im Jahr 1339 auf diesen Alpen unter der Hochflue präsent sein mussten, damit diese nicht von jemand anderem in Beschlag genommen wurden. Hatte möglicherweise Habsburg-Österreich auf diese Alpen noch Besitzansprüche angemeldet und mussten die Schwyzer diese um jeden Preis halten, in dem sie dort Hütten bauen liessen?
In Arth und Goldau wurde erst im Jahr 1353 das Allmendland aus dem Griff der Herzogin von Baden bzw. ihren Verpfändern, den Herzögen von Österreich, gelöst.27QW, Abt. 1, Band 3, Nr. 1084 (s. 792) Ein Jahr später wurden im Arther Wegweisbrief die vormals grundherrlichen Grundstücke unter den Unterallmeindgenossen aufgeteilt (s. unten). Dies ist ein Hinweis, dass vor dem Jahr 1353 die Unterallmeind-Alpen noch im Besitz eines Landesherren, vermutlich Habsburg-Österreichs, waren. Auch die Unterallmeind-Alp Twäriberg in Lauerz dürften zu diesem grundherrlichen Besitz gehört haben. Somit wäre es durchaus nachvollziehbar, dass die Schwyzer im Jahr 1339 die Lauerzer Oberallmeind-Alpen (Egg, Gurgen, Iltis, Ried etc.) unter anderem mit dem Bau von Hütten behaupten mussten, damit sie nicht von einem Adligen beansprucht werden konnten.
Grundsätzlich stellt sich auf Grund des ausgedehnte Besitzes an den Lauerzer Wäldern und Alpen durch die Schwyzer Oberallmeind (heute auch Genossame Lauerz) die Frage, ob diese Alpen am Büelerberg bereits in habsburgischer Zeit durch Schwyzer Landleute genutzt wurden. Dann würde der Eintrag von Lauerz im Habsburgschen Urbar um das Jahr 1306, wo nur vom Dorf die Rede ist, im Umkehrschluss bedeuten, dass der Büelerberg möglicherweise schwyzerisches Gebiet war28Wo die Grenzen des Dorfes Lauerz lagen, ist an Hand des Urbars nicht festellbar. Grundsätzlich ist die Bezeichnung «Dorf» im Habsburgischen Urbar nicht genau umschrieben. Auch Gänggigen (Gem. Arth) wurde beispielsweise als Dorf bezeichnet, obwohl noch heute lediglich einige Höfe dort stehen.. Auch die Urkunde von 1286, wonach der Schwyzer Landmann namens Hesso, die Alp Schwand besessen hatte (s. oben), könnte in diese Richtung deuten. Unterzeichnet ist diese Urkunde nämlich nur von Männern aus dem Talkessel Schwyz und Steinen.
Im Mai 1339 stellten die Schwyzer Landleute eine Ordnung zur Nutzung der Allmenden auf.29QW, Abt. I, Band 3, Nr. 265 (S. 177) Die Oberallmeind und Unterallmeind wurden schon früh unterschieden. Die Allmenden, die «unten», also in Arth lagen, gehörten den Arther Kirchgenossen, also den Unterallmigern. Die Allmenden die oberhalb von Arth lagen, gehörten den Schwyzer Oberallmigern. Die Schwyzer erklärten im August 1358 , dass sich die Arther strafbar machen würden, wenn sie ihr Vieh auf die Alpen der Oberallmend weiden liessen.30Martin Kothing, Landbuch, S. 209 Auch wer Arther Vieh auf Land der Oberallmeind äzen lasse, habe eine Busse zu bezahlen. Umgekehrt werden auch die Arther entsprechende Vorschriften erlassen haben. Auf den Lauerzer Alpen musste diese Regelung jedenfalls gegriffen haben, da hier die Alpen der Unter- und Oberallmeind aneinandergrenzen.
Der Gurgen am Lauerzerberg tauchte im Jahr 1558 in einer Rechnung des Landessäckelmeisters auf.31STASZ, HA.III.1285, S. 101 (p. 105) Er bezahlte den Lauerzern für das Schwänten auf dem Gurgen einen gewissen Geldbetrag. Beim Schwenten musste die Alp von Gestrüpp «gereinigt» werden, damit das Land nicht verwaldete.
Historische Verkehrswege
Da in der Nähe von Verkehrswegen stets historische Siedlungen vermutet werden können, ist auch für Lauerz abzuklären, ob eine solche Route hier entlang führte. In der Tat ist im Inventar historischer Verkehrswege eine Route vom Zugersee nach Schwyz bzw. Brunnen verzeichnet, die dem südlichen Lauerzerseeufer entlang führte. Diese Strecke war Teil der Verbindung vom Mittelland und Zürichsee ins Gotthardgebiet.32IVS, Strecke SZ 5, Seite 1 Die Lauerzer Route dürfte insbesondere wenn der Seeweg Küssnacht-Brunnen-Flüelen, beispielsweise wegen Wettergefahren, nicht schiffbar war, von Bedeutung gewesen sein. Auch für Reisende, die die Überfahrt nicht bezahlen konnten oder wollten, bot die Lauerzer Route eine Alternative. Lauerz lag also an einer Route von teilweise nationaler Bedeutung. Ebenfalls können die urgeschichtlichen Keramiken von der Schwanau darauf hindeuten, dass in der Nähe ein nicht unbedeutender Verkehrsweg verlief. Zudem liegt der Schluss nahe, dass die Burganlage der Schwanau bewusst in umittelbarer Nähe dieses Gotthard-Fussweges errichtet wurde. Noch heute heisst übrigens die Strasse von Buosigen nach Lauerz „Gotthardstrasse“.
Lauerz liegt auch auf der West-Ost Route in Richtung Muotatal. Wer früher vom Mittelland ins Muotatal und ins dortigen Gebirge bzw. Alpen wollte, musste dem Ufer des Lauerzersees entlang wandern. Das Muotathal wurde angesichts der vielen urgeschichtlichen und mittelalterlichen Funde häufig begangen.33Siehe unter anderem: Walter Imhof, Die ersten Muotataler, Triner Schwyz (2013) Der Weg nach Seewen muss auch deshalb eine gewisse Bedeutung gehabt haben, weil bereits im Jahr 1340 erwähnt wird, dass an der engsten Stelle dieses Weges ein Saumtier mit beidseitiger Beladung Platz haben soll. Der Weg von Lauerz nach Seewen war also kein reiner Fussweg, sondern für den Warentransport ausgelegt. Des weiteren ist die ehemalige Kapelle im Otten zu erwähnen, die seit mindestens 163534STASZ, HA.III.20, S. 150 vorhanden war und dem Heiligen Jakobus geweiht wurde. Die Kapelle wurde 1806 durch die Flutwelle des Goldauer Bergsturzes zerstört. Der Heilige Jakobus ist ein ausgesprochener Pilgerheiliger und Beschützer der Wege und Wanderer (siehe Jakobsweg).
Nur regional von Bedeutung war der Saumweg über den Ränggen35IVS, Strecke SZ 212 nach Schränggigen (Gem. Ingenbohl), der im Sommer 1799 wohl eine gewisse Bedeutung erlangte, als Lauerz von französischen und Ingenbohl von kaiserlichern Truppen besetzt war. Zu nennen ist auch der Weg übers Gätterli nach Gersau. Über diesen kleinen Pass konnten die Gersauer sowohl Schwyz, als auch Arth und Steinen erreichen. Dieser Weg war bis Anfang des 19. Jahrhunderts der einzige Saumweg nach Gersau, da das Dorf, abgesehen von einem schmalen Fussweg nach Brunnen36Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, band 163 (2010), S. 117, früher nur per Schiff erreichbar war.
Die Wege wurden meistens von den Anstössern unterhalten. So heisst es zum Beispiel in der Rechnung des Sandessäckelmeisters im Jahr 1559: «Item ußgen 1 kr. Caspar Dietschy um wegen zuo Louwertz.»37STASZ, HA.III.1285, S. 138 (p. 147) Dieser Caspar Dietschi war ursprünglich ein Appenzeller und in Lauerz wohnhaft. Er hat einige Jahre lang die Wege in Lauerz in Stand gehalten. In Buosigen ist zur selben Zeit ein Alexander Gasser nachweisbar, der die dortigen Wege unterhalten hat.38STASZ, HA.III.1285, S. 212 (p. 228)
Die Landstrasse von Lauerz nach Seewen
Die Landstrasse, welche von Lauerz dem See entlang nach Seewen führt, verdient eine vertiefte Betrachtung, ist sie doch bereits vor sieben Jahrhunderten schriftlich bezeugt. Am 1. Mai 1340 erhielt ein Konrad Bruster von den Schwyzer Landleuten ein Allmeindgut am Seeufer in Seewen zu Eigen.39QW, Abt. I, Band 3, Nr. 319 (S. 213) Als Gegenleistung musste er den Weg vom «sewestege» (ein Steg über die Seeweren) bis in den Sitiwald und weiter an den Scheidweg in Stand halten. Der Sitiwald bildet heute die östliche Gemeindegrenze von Lauerz zu Schwyz. Der Scheidweg könnte eine Abzweigung im Otten gewesen sein, wo der eine Weg über das Ottental in Richtung Büelerberg, der andere dem See entlang nach Lauerz führte. Die Strecke bis zu dieser Abzweigung hatte der Landmann Bruster an der engsten Stelle («Engi») und in einem „Loch“ (=Tunnel oder Vertiefung?) so breit zu halten, dass ein Saumpferd mit Lasten auf beiden Seiten diese gut passieren konnte. Falls ein Hochwasser den Weg überschwemmen sollte, musste Bruster keine Haftung dafür übernehmen. Jedoch hatte er die Strasse wieder in Stand zu stellen, falls sie an gewissen Stellen eingebrochen war.
Diese Verpflichtung zum Strassenunterhalt im Jahr 1340 hängt vermutlich mit dem verstärkten Schwyzer Einfluss auf Lauerz und Arth zusammen, der um 1331 und 1338 in den Schriftquellen fassbar wird. Zudem führte dieser Weg vermutlich übers Ottental hinauf zum Büelerberg und den Lauerzer Alpen40STASZ, SG.CIII.42: Noch um 1851 wurde auf einem Plan der Seematt im Otten ein Weg auf die Rigi-Scheidegg eingezeichnet. Die französische Bezeichnung lautete: «Sentier à Scheidegg au mont Rigi»., wobei letztere im Jahr 1339 als Allmendbesitz der Schwyzer in der Schriftquellen auftauchen.
Die Urkunde belegt, dass spätestens im Jahr 1340 ein für Saumtransporte ausgebauter Weg von Seewen nach Lauerz bestand. Mit diesem Beschluss der Schwyzer Landsgemeinde liegt ein weiterer Hinweis vor, dass der Verkehrsweg über Lauerz in spätmittelalterlicher Zeit einen grösseren Stellenwert hatte.
Urkunde im Originalwortlaut:
1. Mai 1340, Schwyz41QW, Abt.1, Band 3, Nr. 319, Umlaute wurden vom Verfasser angepasst
Allen den, die disen brief ansehent oder hörent lesen, künd und und fürgich ich, Konrad Bruster lantman ze Switz, vür mich und min erben aller der dingen und gedingen, so an disem offennen brief geschriben stat. Bi dem ersten, daz ich bin komen uberein mit den lantlüten gemeinlich ze Switz, das si mir und minen êrben gebent heint lideklich jemerme ab ir almi an dem stade ze Sewen, als es mir umbvangen ist mit mark, also mit den gedingen, daz ich oder min erben, ob ich enwere, den weg von dem sewestege bi dem sêwe nider untz in daz Siti untz an den scheidweg behaben und machen sol; vür das loch und die engi, daz ein ross mit zwein soun lêgellen da gan muge ân geverde, und anderswa sol ich oder min êrben, ob ich enwere, den weg truken behaben inrent den ziln, alz da vor geschriben stat. Man sol ouch wüssen, daz ich oder min êrben, ob ich enwere, den vorgenanten weg behaben sol jemerme in der höchi, alz es gezeichnot ist. We aber, das daz waszer vür die höchi uff gienge, alz es gezeichnet ist, daz sol mir noch minen erben einkein schade sin an dem vorgenanten guote. Were ouch, das der vorgenante weg brechi zwischent den ziln, alz da vorgeschriben stat, so sol ich oder min êrben, ob ich enwere, in wider machen, so wir jemer baldest mugen ân alle geverde. […]
Deutsche Übersetzung42Vom Verfasser: Peter Betschart:
Allen denen, die diesen Brief ansehen oder vorgelesen wird, künde und verfüge ich, Konrad Bruster, Landmann zu Schwyz, für mich und meine Erben alle folgenden Dinge und Bedingungen, die in diesem offenen Brief geschrieben stehen. Bei dem ersten, dass ich überein gekommen bin mit den Landleuten von Schwyz, dass sie mir und meinen Erben ledig gegeben haben die Allmeind an dem Gestade in Seewen, aber mit der Bedingung, dass ich oder meine Erben den Weg von dem Seewen-Steg, den See hinab bis in das Siti (=Sitiwald) und bis an den Scheidweg, beheben und instand halten sollen. Für das Loch und das Engnis gilt, dass ein Ross mit zwei Saumlängen dort passieren kann, ohne jede Mühe. Zudem soll ich oder meine Erben den Weg entwässern innert den Weggrenzen, die vorher genannt wurden. Man soll auch wissen, dass ich oder meine Erben den vorgenannten Weg in Stand halten sollen, immer in der Höhe als es angezeichnet wurde. Falls aber das Wasser bis auf die vorgenannte Höhe kommen sollte, wie es angezeichnet wurde, dann soll weder mir noch meinen Erben eine Minderung am vorgenannten erhaltenen Gute entstehen. Falls der Weg zwischen den genannten Grenzen einbrechen sollte, soll ich oder meine Erben ihn wieder herstellen, so bald wir es vermögen. […]
Während der Franzosenzeit inventarisierte die österreichische Armee die wichtigsten Verkehrswege im Raum Zug und Innerschwyz, so auch jener von Seewen über Lauerz nach Arth. Die Verantwortlichen vermerkten „Von Sewen führt ein guter Fahrweg über Lauwerz, Goldau bis Arth, und beträgt 2 ½ Stund“.43Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, Band 163 (2010), S. 116 Angesichts von nur 35% als befahrbar geltende Verkehrswege in der Innerschweiz, war das Attest „guter Fahrweg“ eher die Ausnahme. Im Jahr 1827 wird dieser Fahrweg über Goldau, Buosigen, Lauerz nach Seewen ausgebaut und für moderne Fuhrwerke fahrbar gemacht.44Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, Band 163 (2010), siehe Karte S. 118 Der Ausbau erfolgte zeitlich zusammen mit dem in den Jahren 1820 – 1830 erfolgten Ausbau der Gotthardstrasse im Urnerland.45Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, Band 163 (2010), S. 118-119 Dies deutet darauf hin, dass die Lauerzer Route vom Kanton Schwyz als Teilstück der Gotthardroute angesehen wurde. Abgesehen vom Teilstück Seewen-Schwyz-Brunnen und der Strasse nach Schindellegi, wurden nämlich die meisten anderen Hauptstrassen in Innerschwyz erst in den nachfolgenden Jahren bis Jahrzehnten ausgebaut. Bis zum Bau der Autobahn A4 in den 1970er Jahren wurde die Lauerzer Strasse stark von Reisenden frequentiert, die Richtung Gotthard unterwegs waren. Seither hat die Lauerzerstrasse für den Reiseverkehr stark an Bedeutung verloren.
Weitere Verkehrswege in Lauerz
Ein wichtiger Pilgerweg zum Rigi-Klösterli («Maria im Schnee») führte von Lauerz über die Binzenmatt in Buosigen nach Hinter-Truben, von dort zum Kneuli und dann weiter zum Rigi-Klösterli.46Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 216 Im Jahr 1800 bemerkten Spezialisten der österreichischen Armee zu diesem Weg: „Von Lauwerz führet rechts ein Fussweg auf den Rigi Berg zum Rigi Closter und soll wie jener von Goldau aus, der gemächligste seyn. 3 ¼ Std.“ Bereits im Jahr 1793 schrieb Johann Gottfried Ebel über den Lauerzer Rigi-Weg: «Das Dorf Lauerz liegt an den Ufern dieses Sees; von da führt der beste Weg auf den Rigi».47Johann Gottfried Ebel, Anleitung auf die nützlichste und genussvollste Art der Schweiz zu reisen, Orell, Gessner, Füssli & Compagnie, Zürich (1793), S. 106-107 Noch im Jahr 1873 weiss ein Reisebschrieb über diesen Weg zu berichten: «Von allen Seiten führen Wege auf den Rigi. Die bequemsten und gebrauchtesten sind die auf der Ostseite von Lawerz aus und von Art […]. Den Weg von Lawerz kann man die eigentliche Bergstrasse nennen, und ist den Wanderern zu Fuß am meisten zu empfehlen, da er nur wenige steile Stellen hat.»48«Wegweiser zu einer Fussreise 1873», Unbekannter Autor, Original-Dokument von Willy Dettling, Lauerz Auf Grund seiner gleichmässigen Steigung wurde der Lauerzer Rigiweg wohl von manchem Reisenden geschätzt.
Johann Wolfgang Goethe soll den Lauerzer Rigiweg am 17. Juni 1775 von Lauerz aus gewandert sein, als er die Rigi bestieg. Mauerreste des ehemaligen Pilgerweges finden sich noch in Buosigen.
Ein weiterer Weg führte von Lauerz aus über Chälenbüel, Ledi, Langerli zum Gätterli nach Gersau.49Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 230.2 Ein anderer Weg kam von Seewen her übers Ottental hinauf zur Äbnet, weiter zu Spätzeren , Heubühl, Chilebann, Ried übers Gätterli nach Gersau oder die Rigi Scheidegg. Beide Wege erschlossen auch die Lauerzer Alpen von Twäriberg, Gurgen, Egg bis Schwand.50Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 228 Ebenfalls zum Gätterli führte ein Weg ab dem Neuhof in Buosigen, dieser nahm dem Weg dem Teubertsbach entlang, querte den Bach anschliessend, stieg zum Ledigütsch hinauf und mündete in den vorher genannten Lauerzer Weg zum Gätterli.51Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 230.1
Der sogenannte «Artherweg» kam von Goldau über Buosigen, verlief dann Richtung Teuberts über den Teubertsbach und stieg dann die Ledi hinauf. Dort ging es weiter zum Langerli Richtung Twäriberg und Gätterli.
Auch bestand von Lauerz aus ein Vieh und Fussweg über den Ränggen nach Schränggigen (Gem. Ingenbohl).52Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 212 Dieser führte vom Dorf Lauerz ins Oberdorf, dann übers Buechensitli und Unter Äbnet zum Heimwesen Schwändi. Von dort aus ging es steil den Einschnitt zum Ränggen hinauf. Auf der Ingenbohler Seite ist dieser Weg vom Weiler Schränggigen bis zum Punkt 629 (Landeskarte 1:25‘000) noch in seiner historischen Substanz erhalten und mit Steinplatten ausgelegt.53Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 212.1.1
Des weiteren führte ein Weg ab dem heutigen Restaurant Waage durch den Sägel nach Steinen. Ein weiterer Fussweg durch den Sägel – der bereits vor dem Bergsturz von 1806 bestand – führte von der Niedermatt in Lauerz in gerader Richtung nach Norden über den Sägel und mündete anschliessend in die Landstrasse nach Steinen ein.54Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 218; sowie Karte STASZ, SG.CIII.30 und Karte von Carl Zay, Goldau
Für Reisende und Warentransporte, die den Lauerzersee mit dem Schiff überqueren wollten, gab es in der Niedermatt einen Landungsplatz, auch «Ablagerungsplatz» genannt.55Amtsblatt von 1916, S. 128 Der damalige Besitzer der Niedermatt musste den Weg von der Landstrasse zu diesem Landungsplatz das ganze Jahr offen und ca. drei bis vier Meter breit halten. Vermutlich war auch Goethe, als er den Lauerzersee von Seewen her überquerte, in der Niedermatt mit dem Boot angelandet, wo er anschliessend den Pilgerweg Richtung Buosigen und die Rigi in Angriff nahm.
Wann diese Wege angelegt wurden, ist nicht mehr auszumachen. Jene am Lauerzerberg und von Buosigen auf die Rigi dürften auf Viehwege zurückzuführen sein und ins Mittelalter oder in die frühe Neuzeit zurückreichen.
Ein Lauerzer Gefallener im Gefecht zu Buonas
Wegen Kriegsgefahr schlossen am 1. Mai 1351 die drei Waldstätte mit Zürich und Luzern ein Bündnis und gelobten, sich mit Waffen beizustehen.56QW, Abt. I, Band 3, Nr. 945 (S. 600) Im Oktober 1351 erhob Herzog Albrecht von Österreich Ansprüche auf Abgaben und Rechte in Arth und im Land Schwyz.57QW, Abt. I, Band 3, Nr. 966 (S. 640) Die Schwyzer anerkannten diese jedoch nicht mehr. Ende des Jahres 1351 besetzten die Schwyzer, Urner, Unterwaldner, sowie die Zürcher das Land Glarus und schlossen mit den Glarnern am 4. Juni 1352 einen Bund.58QW, Abt. I, Band 3, Nr. 989 (S. 658) In demselben Jahr fand im Raum Küssnacht bzw. Buonas ein Gefecht zwischen den Eidgenossen und den Verbündeten Habsburgs statt. Die habsburgischen Truppen wurden dabei in die Flucht geschlagen. Unter den gefallenen Eidgenossen befand sich auch ein «Ulrich Lübis von Lowertz»59QW, Abt. I, Band 3, Nr. 975 (S. 651). Aus dem Jahrzeitbuch Arth, im Jahr 1640 erneuert. .
Lauerz und Buosigen im Arther Wegweisbrief
Fünf Monate nach dem Kauf des ehemals habsburgischen Arther Hofs durch die Arther Kirchgenossen, teilen die Arther die Grundstücke im Talboden und an den Talhängen unter den Genossen auf. Es erfolgt also eine Art «Privatisierung» des dortigen Allmendlandes. Von dieser Urkunde ist leider jener Teil nicht mehr vorhanden, in dem die Grundstücke erwähnt gewesen wären.60Erich Ketterer, Wer sind die «Unterällmiger», in Jubiläumsschrift, S. 25 Erhalten blieb einzig der sogenannte Arther Wegweisbrief vom 16. Mai 1354. Darin wurde vorgeschrieben, wie die Wege im Arthertal in Stand zu halten seien. Auch zwei Wegstücke in Lauerz bzw. Buosigen wurden beschrieben: «Item der wäg zu Louwertz gatt ob dem Eignen unntz uff die Huwelle, unnd dan den holtzweg uff unntz In das Holtz.»61Geschichtsfreund, Band 11 (1855): S. 178 Es könnte sich hier um einen Viehweg oder Transportweg für Holz gehandelt haben. Das Wort «unntz» kann mit «bis» übersetzt werden. Beim genannten „Eignen“ ist nicht klar, wo dieses lag. Die Huwelle kann als das Heimwesen Huelen, westlich von Lauerz, identifiziert werden. Mit Holz war ein Waldstück gemeint. Auf Grund der Wegbeschreibung können wir auf einen Weg schliessen, der insbesondere für den Holztransport der Arther Kirchgenossen wichtig war. Denn der Weg endete ja im „Holtz“. Möglicherweise haben wir hier einen Weg vor uns, der von der Huelen zum Twäriberg, bzw. zu dem unterhalb liegendem Waldstück, führte. Der Twäriberg und der Wald unterhalb davon gehört nämlich noch heute der Arther Unterallmeind.
Der Wegbeschrieb in Buosigen ist folgendermassen festgehalten: „Item zu Buoßingen gath der wäg von dem dorff unntz an den Baach uber die wytti uf unntz In dz Holtz ob des Glarners Matten“62Geschichtsfreund, Band 11 (1855): S. 179. Mit „dorff“ ist vermutlich das vom Bergsturz verschüttete Unter-Buosigen gemeint, das südöstlich des heutigen Goldseelis lag. Der Weg führte von dort vermutlich zum Hof Ober Lindenmoos63Carl Zay, Goldau, Karte von Fidel Zay. Dort ist ein Wegstück von Unter-Buosigen nach Ober-Buosigen eingezeichnet, das beim Heimwesen Ober Lindenmoos endet.. Der „Baach“ ist wahrscheinlich mit dem Chlausenbach identisch, da er der einzig grössere Bach in Buosigen ist. Mit der genannten „Wytti“ war wohl ein Ried in der Nähe der Binzenmatt gemeint64Aus einer Gült aus dem Jahr 1645: «[…] und einem riedt Wyty genant samt dem Wintzenmattli», STASZ, HA.II.4213. Das Grundstück „Glarners Matten“ gibt es heute nicht mehr, jedoch muss es sich unterhalb eines Waldes befunden haben. Auch beim Weg in Buosigen handelt es sich vorrangig um einen Weg für den Holztransport, denn er endet, wie der Lauerzer Weg, im „Holtz“, möglicherweise im Buosigerban.
Gült aus Buosigen
Eine der ältesten Gülten im Staatsarchiv Schwyz stammt aus Buosigen.65STASZ, HA.II.192 Am 7. Dezember 1366 urkundete ein Johans Streuli von Arth, Landmann von Schwyz, dass er dem Ulrich Hessin von Arth, Landmann von Schwyz, „zwei Teile von Lütold’s Riedmatten zu Buosingen «mit dem Dorf» zu kaufen gegeben, worauf der Buochi jährlich 2 Pfund Pfenning Gelds, Stebler Münz, hat, und ein weiteres Stück in derselben Riedmatte, worauf Wernher von Steina 20. Gl. hat. Als «miner Herren Amptmann» von Hünaberg wird genannt Ulrich Hengeller. Zeugen: Heinrich am Hofe von Lauartz, Ulrich Stälzing von Buosingen, Rudolf von Artha und Ruodi, sein Sohn, Johans Scherring von Artha und Ulrich Hengeller. – Siegler: Heinrich von Hünaberg.“
Bei diesem Heinrich am Hofe (= Imhof) könnte es sich um einen Vorsteher der Lauerzer gehandelt haben. Er taucht auch im vorgenannten Arther Wegweisbrief von 1354 auf, wo er unter den 21 ehrbaren Männern genannt wird, die zur Teilung des Allmendbesitz im Arthertal berufen wurden. Im Jahrzeitbuch der Pfarrei Schwyz (der Lauerz bis ca. 1600 angehörte) tauchen die Imhof aus Lauerz mehrmals auf, in den meisten Fällen unter dem Namen „Jützer“66STASZ, HA.II.192, der ein Übername für die Imhof war. So zum Beispiel „Heinrich Jützer von Lauwertz“67Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 80. Im Schwyzer Jahrzeitbuch sind leider keine Geburtsdaten vermerkt, aber dem Namen nach ist es wahrscheinlich, dass der dort vermerkte Ratsherr Heinrich Jützer (=Imhof) aus Lauerz, mit dem in der Urkunde von 1366 erwähnten „Heinrich am Hofe von Lauartz“, wenn nicht gar identisch, dann zumindest ein Nachkomme desselben sein könnte.
Aus welchem Grund besiegelte ein Adliger, nämlich Heinrich von Hünenberg diese Urkunde? Die Hünenberger hatten bis 1377 den St. Georgs Hof in Arth, mitsamt dessen Rechten, inne.68Andreas Meyerhans, Arth, S. 139, sowie STASZ HA.III.1885 Zu diesen Rechten dürfte auch gehört haben, bestimmte Güterverkäufe im Raum Arth zu besiegeln.
Gült aus Lauerz
Zitat aus der Gült: „Am 20. Dezember 1368 verkauft Seph von Louwertz und Hemma seine Frau und Lutzmann, ihr Sohn haben ihr Gut Rüti alldort um 34 Pfund Stebler Münz dem Wernher Lillin, Landmann zu Schwyz. Als Richter zu Zug wird genannt Heinrich von Hünenberg. – Siegler ist Johann Am Veld, Landmann zu Schwyz.
Gegeben an St. Thomas Abend.“69STASZ, HA.II.197
Das Landwirtschaftsgebiet Rüti gibt es heute noch und liegt rund 100 Meter über dem Dorf Lauerz. In diesem Liegenschaftsverkauf taucht wiederum Heinrich von Hünenberg auf, allerdings nicht mehr als Siegler, sondern als Richter in Zug. Es könnte sein, dass er als unabhängiger Schiedsrichter fungierte, der von keinem der beiden Parteien vereinnahmt werden konnte. Als Siegler70Das Wappen im Siegel ähnelt jenem der Imfeld, einem Landleutegeschlecht aus Obwalden. taucht Johann Am Veld auf, der bereits in einer Urkunde von 1338 (s. oben) als Schwyzer Vertreter aufgeführt ist. Es dürfte kein Zufall sein, dass in Lauerz nicht mehr der Hünenberger siegelte, sondern der Schwyzer Vertreter namens Am Veld. Lauerz war, anders als Buosigen, nicht Arther Gebiet, wo die Hünenberger noch Rechte hatten. Dieser Johann Amfeld (oder Imfeld) könnte ein Ammann in jenem Viertel gewesen sein, zu dem auch Lauerz damals gehörte. Der Verkäufer der Liegenschaft, Seph von Louwertz, wohnte zwar in Lauerz, gehörte aber vermutlich keinem Schwyzer Landleutegeschlecht an, sonst wäre dies, wie in der Gült aus Buosigen, erwähnt worden.
Ein Ablassbrief für die Lauerzer Kapelle
Bischof Otto von Konstanz stellte im Dezember 1420 für die vier Filialkirchen der Pfarrkirche Schwyz einen Ablassbrief aus: St. Aegidius im Tschütschi, St. Anton zu Ibach, St. Leohard zu Ingebohl und St. Theodul zu Lauerz.71Alois Dettling, Geschichtskalender, 1918/78 Um 1420 gehörte Lauerz noch zur Pfarrei Schwyz und der erste Kirchenpatron der Lauerzer Kapelle war St. Theodul.
Bannung des Sitiwaldes zwischen Seewen und Lauerz
Im Jahr 1442 („mitte fasten des Jars“) wird das Tannenholz im Sitiwald an der Gemeindegrenze zu Lauerz gebannt.72Martin Kothing, Schwyzer Landbuch: S. 211 Die Waldgrenze wird wie folgt beschrieben: Fängt an am See, bei der Engi und geht immer mehr hinauf bis an die Fluh. An derselben niederen Flu «durchuss hin» bis an die oberste Fluh. Und von dieser Fluh wiederum den Kreuzen entlang zum «Langen Zug». Und vom selben Zug hinunter an den See.
Die hier genannte «Engi» wird bereits in der oben beschriebenen Weg-Urkunde von 1340 erwähnt. Dieses Engnis wird sich unterhalb des heutigen Steinbruchs Zingel befunden haben. Die niedere Fluh lag vermutlich oberhalb des heutigen Steinbruchs. Die obere Fluh ist die eigentliche Zünggelenflue. Die genannten Kreuze waren von Menschenhand gezeichnete Grenzpunkte, wohl im Gebiet Ränggen. Der Langzug war bis ins letzte Jahrhundert ein oft genutzer Reistzug hinunter zum Lauerzersee. Er endete etwa 200 Meter östlich vom Otten und verlief teilweise entlang der heutigen Gemeindegrenze Lauerz-Schwyz. Der Sitiwald war lange Zeit ein Bannwald, zur Schirmung der darunter verlaufenden Landstrasse.73STASZ, HA.III.50, S. 253 (p. 825) 08.10.1711: Zur Beschirmung der Landstrasse dürfe man weder grosses, noch kleines Holz, noch Stauden im Sitiwald neben dem Lauerzersee schlagen. Ansonsten würde man für jeden gehauenen Stock gebüsst. Dieser Bannbrief ist wohl die erste Beschreibung der Gemeindegrenze von Lauerz zu Seewen bzw. Schwyz. Noch heute ist übrigens der Sitiwald im Besitz der Oberallmeind.
Gefallene Lauerzer im Alten Zürichkrieg
Der Alte Zürichkrieg dauerte von 1440 bis 1450 und war eine Auseinandersetzung zwischen Habsburg und Zürich einerseits und Schwyz, Glarus und den anderen Eidgenossen andrerseits. Auslöser war ein Erbschaftsstreit, der durch die unsicheren Zusagen des verstorbenen Grafen von Toggenburg entstand. Sowohl Schwyz und Glarus, als auch der Stadtort Zürich sahen sich berechtigt, das Erbe des toggenburgischen Grafen anzutreten. Weil Diplomatie nichts mehr half, kam es zum Krieg, wobei Zürich sich mit dem damaligen Todfeind der Eidgenossen, den Habsburgern, verbündete. Das rief auch die anderen Eidgenossen auf den Plan, die sich ab 1443 den Schwyzern und Glarnern anschlossen. Dieser Bürgerkrieg währte mit Unterbrechungen ganze zehn Jahre lang bis 1450 und endete mit der Niederlage Zürichs und Habsburgs.
Am 22. Mai 1443 kam es zu einem Gefecht zwischen den Schwyzern und Zürchern in Freienbach. Die Zürcher Kriegsknechte versuchten in Pfäffikon mit Booten anzulanden, wurden jedoch nach heftigen Kämpfen von Schwyzern und Glarnern zurückgeschlagen. Bei diesem Gefecht verlor ein Ueli Eberhard74Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 125 aus Buosigen sein Leben. Die wohl eindrücklichste Schlacht des gesamten Krieges, fand am 26. August 1444 bei St. Jakob an der Birs, vor den Toren Basels statt. Die Eidgenossen wurden von einer vierfachen französischen Übermacht in einem Siechenhaus eingekreist und kämpften bis annähernd zum letzten Mann in berserkerhaften Raserei gegen die französischen Söldner. Bei diesem brutalen Kampf kamen auch zwei Lauerzer ums Leben: Hans Jützer75Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 125 (=Imhof) und Ueli Gasser76Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 239. Ende Januar 1445 griffen mit Habsburg verbündete Truppen das St. Gallische Städtchen Wil an und töteten in einem Gefecht unter anderem zwei Schwyzer. Die Schwyzer, ihre verbündeten Eidgenossen, Toggenburger und Appenzeller, beschlossen daraufhin die Besitzung der habsburgischen Verbündeten, nämlich der Herren von Werdenberg und Herren von Brandis, anzugreifen. Die Eidgenossen marschierten bis nach Koblach im Vorarlberg und erstürmten dort in einem ersten Schritt die Burg „Neuburg“ und töteten deren Besatzung. Bei dieser Erstürmung Ende Januar 1445 fand Ueli Suter77Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 126 aus Lauerz den Tod.
Streit zwischen Schwyzer und Arther Pfarrer wegen Lauerz
Im Jahr 1462 kam es zu einem Streit zwischen dem Schwyzer Pfarrer, Johann Wänck und dem Arther Pfarrer Ulrich Lilli betreffend der Abgabe des Zehnten (=Steuer) von Seite der Lauerzer.78STASZ, HA.II.539 und Joseph Schneller, Regesten, S. 318 Sowohl der Schwyzer, als auch der Arther Pfarrer beanspruchten diesen Zehnten für sich. Landamann Ital Reding mussten im Auftrag des Konstanzer Bischofs die Sache klären. Er kam zum Schluss, dass „die Lauerzer seit alters her“ Kirchgenossen von Schwyz gewesen seien und auch die vier Opfer dorthin entrichteten. Im Gegenzug musste der Schwyzer Pfarrer die Lauerzer mit den heiligen Sakramenten versehen. Bei Unwetter oder anderer Hinderungsgründen hatte der Arther Pfarrer einzuspringen. Aus diesem Grund sollen die Lauerzer an beide Pfarrer den Zehnten entrichten.
Erneuter Ablass, ein Kapellenbrand und der Bau der zweiten Kapelle
Im Februar 1480 erhielt die Kapelle in Lauerz von drei Kardinalbischöfen, drei Kardinalpriestern und einem Kardinaldiakon einen 100-tägigen Ablass.79Alois Dettling, Geschichtskalender, 1906/9 Erneut wurde im Jahr 1504 ein Ablass für 50 Tage ausgestellt.80Alois Dettling, Geschichtskalender, 1910/52 In beiden Ablassbriefen wurde die Lauerzer Kirche noch als Tochterkirche der Pfarrkirche in Schwyz bezeichnet.
Im Frühjahr 1506 brannte diese vermutlich erste Lauerzer Kapelle ab. Um ein neues Gotteshaus zu bauen, wurde den Lauerzern ein Almosenbrief seitens des Landamanns und der Räte in Schwyz ausgestellt. Mit solchen Almosenbriefen wurde den Brandgeschädigten gestattet, Geld für den Neubau zu sammeln. In dieser Urkunde vom Karsamstag 1506 steht über die Lauerzer Kapelle folgendes: Die Kapelle sei aus Unsorgnis (=Fahrlässigkeit) vollständig abgebrannt und war Maria der Himmelskönigin und dem Heiligen Theodul geweiht. In der Feuersbrunst wurden auch alle Glocken, Messgewänder und anderer Zierrat zerstört.81Mitteilungen, Heft 6 (1889), S. 143-144
1508/1509 82Patrick Bürgi, Stefan Kälin, Marzell Camenzind, Röm. kath. Kirche Lauerz „St. Nikolaus“ – Ein Blick in unsere Kirche, 2. Auflage, 2011, S. 16 soll der Bau der neuen Kirche erfolgt sein. Thomas Fassbind berichtete in seiner Religionegschichte, dass diese neue Kirche an «der Landstrass nach Art zur Lingken» gestanden habe, «wo hingegen die alte [Kirche] ihr zur rechten gestanden, aber in einiger Entfernung von selber». Von dieser alten Kirche, die anno 1506 abgebrannt war, sei nur noch der Name der Matte geblieben, auf der sie gesanden habe. Deshalb heisse es dort noch heute «Kapellmatt».
Kirchenpatron der neuen Kirche war offenbar wieder St. Theodul, in der Mundart St. Joder83Schwyzer Geschichtskalender, 1925/09. 2. Februar 1617: „Jakob Fuster, Landsäss der Kirche zu Lauerz zu St. Joder“ genannt. Im Gotteshaus waren vermutlich drei Altäre aufgestellt84Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, S. 327, er nimmt Bezug auf Johann Kaspar Lang, Historisch-Theologischer Grund-Riß, Band 1, S. 813. In der Kapelle befand sich auch eine farbig verzierte Altartafel aus Gold und Silber, vermutlich gotischen Stils. Von dieser Altartafel wissen wir nur, weil der Pfarrer in Sisikon im Jahr 1517 eine solche bei einem Handwerker in Zug bestellte und ausdrücklich erwähnte, sie solle gleich gestaltet sein, wie jene in Lauerz85Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Archidiakonat Aargau, Dekanat Luzern, Teil 4, Kanton Uri und Nidwalden, in Geschichtsfreund, Band 47 (1892), S. 327.
Ein Lauerzer Gefallener bei Marignano
Die Schlacht von Marignano von 1515 ist die wohl die bekannteste Schlacht der eidgenössischen Italienfeldzüge. Sie war auch der Anfang vom Ende der eidgenössischen Expansionspolitik in Oberitalien. Je rund 30‘000 Eidgenossen und Anhänger des französischen Königs Franz I. standen sich in Marignano (südlich von Mailand) gegenüber.86Florian Messner und Hagen Seehase, Ennetbirgische Feldzüge, S. 78 Anders als die Franzosen, verfügten die Eidgenossen jedoch über keine Kavallerie und nur unbedeutende Artilleriegeschütze. Am 13. September um 15.00 Uhr begann die Schlacht der Giganten, wie sie auf Italienisch auch genannt wird. Der Zuger Amman Werner Steiner nahm eine Handvoll Erde vom Boden und besprengte damit die erste Schlachtreihe der Eidgenossen mit den Worten „Das ist im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Das soll unser Kirchhof sein“. Im darauffolgenden Nahkampf konnten die Eidgenossen vorerst die Franzosen und Landsknechte zurückdrängen, allmählich wurden sie aber durch die gegnerische Artillerie stark dezimiert. Ein heftiger venezianischer Reiterangriff am nächsten Morgen besiegelte schliesslich die Niederlage der Schweizer Krieger. Unter hohen Verlusten musste sie sich nach Mailand und schliesslich über die Alpen zurückziehen. Mindestens ein Lauerzer kam bei dieser bekannten Schlacht ums Leben. Im Jahrzeitbuch der Pfarrkirche Schwyz steht an einer Stelle geschrieben„Werner Imhof von Lauerz […], Hans, sein Sohn, verloren vor Mailand“87Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 275. Im Original: Werni Im Hoff von Louwertz […], Hans, sin sun, verlor vor Melannd“. Verloren heisst hier: das Leben verloren.
Wer ist der ältere Lauerzer Kirchenpatron: St. Theodul oder St. Nikolaus?
Heute ist St. Nikolaus der Patron der Lauerzer Pfarrkirche. Im Jahr 1794 wurde jedoch in einem offiziellen Katalog des Bistums Konstanz die alte Lauerzer Pfarrkirche als dem St. Nikolaus und St. Theodul geweiht erwähnt.88Martin Wagner, Catalogus personarum ecclesiasticarum, S. 96 Offenbar gab es damals noch ein Doppelpatronat für die alte Pfarrkirche, das heute verschwunden ist. Sowohl der hl. Nikolaus, als auch der hl. Theodul (Sant Joder) sind ausgesprochene Alpenheilige.
Wer war der heilige Theodul?
Verschiedentlich wird die Anschauung vertreten, es handle sich bei St. Joder um einen Patron der Walser. Diese seien ursprünglich aus dem Wallis gekommen und hätten den dortigen Landespatron gleich mitgenommen. Gemäss Christian Caminada, dem späteren Churer Bischof, genoss St. Theodul jedoch im ganzen Alpenraum und darüber hinaus Verehrung. Er ist damit kein reiner Walser-Patron89Christian Caminada, Die Bündner Glocken, Anmerkung auf S. 66, sondern ein typischer Alpenheiliger.
Die historische Gestalt des hl. Theodul ist schwierig zu greifen und verschwimmt oftmals mit Legenden. Das Hauptproblem dabei ist, das der Bischof Theodul bzw. Theodor in drei Personen vorkommt. Christian Caminada fasste es wie folgt zusammen „Die ‚Valesia christiana‘ des Domherrn Sebastian Briguet [von Sitten, VS] unterscheidet einen Theodor I., ums Jahr 318, und einen Theodor II., ums Jahr 513, welche den Bischofssitz in Martinach [Martigny, VS] inne hatten. Ferner hat er einen Theodor III., welcher ums Jahr 802 Träger der bischöflichen Würde in Sitten war. Dieser gleiche Schriftsteller bezeichnet den hl. Theodul oder Theodor III. als den Glockenheiligen.“90Christian Caminada, Die Bündner Glocken, Anmerkung auf S. 67
Einer der beiden Bischöfe namens Theodul soll auch die Gebeine der Thebäischen Legion in St. Maurice, Kt. Wallis, ausgegraben haben und dort eine Basilika gestiftet haben. Dieser Theodul soll in Martigny begraben worden sein. Nach der Verlegung des Walliser Bischofssitz von Martigny nach Sitten, sollen auch die Gebeine des Bischofs nach Sitten überführt worden sein. In Sitten erscheint St. Theodul im Jahr 999 als Kirchenpatron.91Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 111
Im Volksglauben gibt es einige Legenden über St. Joder. So soll es ihm gelungen sein, den Teufel zu überlisten, damit dieser ihm eine Glocke von Rom über den Theodulspass nach Sitten trug. Der Teufel soll darüber so erbost gewesen sein, dass er die Glocke in tausende Stücke zerschlug. Diesen Glockenstücken wurde die Kraft nachgesagt, vor Unwettern zu schützen. Deshalb wurden sie später in viele weitere Kirchenglocken eingeschmolzen. Auch soll der Bischof Theodul durch ein Wunder aus wenigen Traubenbeeren viel Wein gewonnen haben. Deshalb wird St. Theodul oft mit einer Glocke, einem kleinen Teufel und mit einer Traube dargestellt.92Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 114 Er ist der Patron des Viehs und der Winzer, sowie Schutzpatron gegen dämonische Anfechtungen.93Ernst Tremp, Theodor v. Octodurus, in Lexikon für Theologie und Kirche, Band 9, Herder, Freiburg (2000), S. 1415 In der Lauerzer Pfarrkirche steht er rechts vom Hochalter in seinem bischöflichen Ornat, in der rechten Hand hält er die Bibel, in der linken den Bischofsstab. Zu seinen Füssen sitzt ein Teufel, der ihm die Glocke hinhält. Das bartlose Gesicht St. Theoduls ist für einen Bischof wohl denkwürdig, er wird aber auch in anderen Kirchen ohne Bart dargestellt.
Die Verehrung von St. Joder hängt in unserer Region mit seiner Rolle als Glockenpatron zusammen. Die Valesia-Glocke in Sitten, die Bischof Theodul der Legende nach durch einen Teufel von Rom nach Sitten tragen liess, soll helfen, Unwetter abzuwehren. Das Glockenläuten als Wetter- und Unheil-abwehrendes Mittel, wird beim Wetterläuten noch heute praktiziert. St. Theodul ist deshalb der Glockenpatron vieler Kirchenglocken. Die Bedeutung der St. Theodulsglocken zeigt uns eine Anekdote von Bischof Caminada aus dem Bündnerland: „Wenn das schwarze, unheilverkündende Gewitter sich von den Bergen löst und wie ein unheimliches Schlachtheer heranrrückt gegen Haus, Hof, reifende Kornäcker und Vieherden auf den Alpen, dann bangt es dem Bauer, das Herz will vor Angst und Ratslosigkeit zerspringen. Er hebt seine Arme, als wollte er dem Unwetter sich entgegenstemmen; aber sie fallen ihm kraftlos in den Schoss. Da löst sich der Ton der Glocke vom Turme und stellt sich dem rollenden Ungewitter im Namen Gottes entgegen. Voran läutet die siegesstarke St. Theodorsglocke, dann fallen auch die anderen ein und kämpfen, Schwert gegen Schwert kreuzend.“94Christian Caminada, Bündner Glocken, S. 96 Die Bedeutung des Glockenläutens ist im Volksglauben nicht zu unterschätzen. Gerade die Wetterglocken wollen durch ihr starkes Läuten den Menschen die Furcht vor dem Unwetter nehmen. Die Glocke ist im Christentum ein Symbol des Guten. Wir stossen sogar in der Sagenwelt auf die wundersame Kraft der Glocke, etwa wenn das Morgenglöcklein die Marchsteinversetzer, Hexen und bösen Geister zu vertreiben vermag.
Im Jahr 1407 wird ein grosses Stück der verehrten Theodulsglocke aus dem Wallis nach Schwyz gebracht.95H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Die Seegemeinden, Band II, Birkhäuser Verlag, Basel (19286), S. 278 Von hier sollen Stücke in alle Schwyzer Kirchgänge verteilt worden sein, dabei sicher auch nach Lauerz, dessen Kapelle ja um 1420 als dem Hl. Theodul geweiht genannt wird. Eine alte Kirchenglocke in der Schwyzer Pfarrkirche wurde 1444 zu Ehren des hl. Joder geweiht.96Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Teil 2, S. 303
Schauen wir uns in der Nachbarschaft von Lauerz um, so finden wir in Innerschwyz kein einziges Patrozinium von St. Theodul97Nur in der Kapelle in Wilen (Ingenbohl), die im Jahr 1595 erbaut wurde, reiht sich der hl. Theodul in die Versammlung weiterer Schutzpatrone dieses Gotteshauses ein. Quelle: Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Teil 3, S. 86. In Unterwalden und Uri werden wir jedoch fündig. Zuerst nach Unterwalden: in Engelberg findet sich die älteste Verehrung des hl. Theodul in der Innerschweiz, nämlich im 12. Jahrhundert.98Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 113 In der alten Klosterkirche (im Jahr 1729 abgebrannt), standen beim Hochaltar zwei grosse Statuen des Hl. Nikolaus und Theodul99Pater Adalbert, Der Klosterbrand von Engelberg, in Geschichtsfreund, Band 31 (1876), S. 232 (wie übrigens heute in Lauerz). Der Engelberger Aa entlang liegt das nidwaldische Wolfenschiessen. Dort soll Theodul etwas später, im 13. Jahrhundert, verehrt worden sein.100Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 113 In Altzellen, das noch zu Wolfenschiessen gehört, wurde die Kapelle zu Ehren St. Joder im Jahr 1482 eingeweiht.101Robert Durrer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwalden, Birkhäuser Verlag, Basel (1928, 1971), S. 18-19 Die Mutter von Bruder Klaus stammte aus Altzellen. Auch die Pfarrkirche im obwaldischen Sachseln, wo ihr Sohn, Niklaus von Flüe, begraben liegt, ist dem hl. Theodul geweiht. Auf den Spuren von Bruder Klaus finden sich immer wieder Hinweise auf St. Theodul.
Auch im Urnerland ist St. Theodul als Kirchenpatron vertreten, unter andem in der Pfarrei Isenthal102H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Die Seegemeinden, Band II, Birkhäuser Verlag, Basel (1986), S. 278 und in Unterschächen bei der Kapelle auf dem Biel103Marion Sauter, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri. Schächental und unteres Reusstal. Band III, Bern (2017), S. 237. Das erste Theodulsbild im Kanton Uri ist für das Jahr 1350 in Seedorf nachgewiesen.104H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Die Seegemeinden, Band II, Birkhäuser Verlag, Basel (1986), S. 148
Wenn wir uns das zeitliche Auftreten der Theoduls-Verehrung in Unterwalden und Uri anschauen, liegen wir sicher nicht daneben, wenn wir das erste Lauerzer Patrozinium von St. Theodul ins 13. bis 14. Jahrhundert verlegen.
Das Fest des St. Joder wird am 16. August begangen. Ab dem 17. Jahrhundert soll der Kult des Hl. Theodul nachgelassen haben, weswegen viele neue Kirchen „modischeren“ Heiligen geweiht wurden.105Ulrich Nachbaur, Der heilige Theodul als „Walser Patron“, in Verba volant, Onlinebeiträge des Vorarlberger Landesarchivs, S. 6 Dies könnte ein Grund sein, weshalb St. Nikolaus in Lauerz in der neuen Pfarrkirche zum Kirchenpatron ernannt wurde, obwohl er als ursprünglich byzantinischer Heiliger ganz und gar nicht „neu“ war.
St. Nikolaus, der Patron des Wassers und der Kinder
Der Heilige Nikolaus von Myra war ursprünglich ein byzantinischer Heiliger der Ostkirche106Michael Benzenrath, Byzantinisch-orientalische Patrone, Heiligenpatrone aus der Kreuzzugszeit und dem Spätmittelalter, in Freiburger Geschichtsblätter, Jahrgang 20 (1913), S. 157, der besonders im 12. und 13. Jahrhundert eine weite Verbreitung im Abendland fand107Ebd. S. 161. Er wirkte als Bischof im 4. Jahrhundert im kleinasiatischen Myra (heute Türkei) und starb um das Jahr 343. Nikolaus ist ein häufig anzutreffender Heiliger in der christlichen Welt und wird insbesondere wegen seiner wundertätigen Hilfsbereitschaft und Menschenliebe verehrt. Er ist der Beschützer der Kinder, Jungfrauen, Flösser, Fischer, Schiffer, sogar der Schnapsbrenner und vieler weiterer Berufe. Vor allem in der Gestalt des Samichlauses kennen wir heute St. Nikolaus, wenn er an seinem Fest am 6. Dezember die Kinder lobt und ermahnt und sie mit Geschenken erfreut.
Viele Legenden kennt der Volksglaube von St. Nikolaus: Er rettete zum Beispiel Schiffer, die in Seenot gerieten; schenkte drei mittellosen Mädchen drei wundersam erschaffene Goldkugeln, damit die Mädchen heiraten konnten; er erweckte auch ein ertrunkenes Kind wieder zum Leben und liess einen gefangen gehaltenen Knaben durch ein Wunder wieder zu seinen Eltern zurückkehren.108Legenda aurea, S. 26 – 34 An seinem Grab soll zu seinem Haupt ein Brunnen aus Öl, zu seinen Füssen eine Wasserquelle entsprungen sein.109Ebd. S. 31
Im Alpenraum ist St. Nikolaus besonders häufig anzutreffen. Er ist der Namensgeber von verschiedenen schweizerischen Ortschaften und Pässen. Er wird hier als Beschützer vor Naturgewalten, besonders vor den Gefahren des Wassers, angesehen. Viele seiner Gotteshäuser in der Innerschweiz liegen an Seen, Flüssen oder Bächen. So zum Beispiel St. Niklausen im Seebecken von Luzern, ihm gegenüber liegt die Inselkapelle St. Niklausen bei Meggen; östlich der Treib befindet sich ein Bildstock bei der Klausenegg110Bauen am See, S. 98; am Zugersee in Oberwil ist die alte Kapelle ebenfalls St. Niklaus geweiht; ein Chlauseneggen gibt es auch bei St. Adrian am Zugersee, bei dem der Chlausenbach vom Gänggigerberg in den See fliesst. In der Bundeskapelle in Brunnen ist der auf der Seeseite gelegene, südliche Seitenaltar dem hl. Nikolaus geweiht.111Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Teil 3, S. 87 Nicht verwunderlich, wurde auch in Lauerz der hl. Nikolaus der Patron unserer Pfarrkirche, hat doch unsere Gemeinde naturgemäss einen starken Bezug zum Wasser. Sowohl durch den See, als auch durch die vielen Bäche, die beide bei Unwettern schon manche Not verursacht haben. Das grosse Quellwasservorkommen in Lauerz zeugt ebenfalls von der Bedeutung des Wassers für unsere Gemeinde. Die im 19. Jahrhundert errichtete Kapelle im Langberg ist wie unsere Pfarrkirche dem hl. Nikolaus geweiht. Es dürfte auch kein Zufall sein, dass der Chlausenbach in Buosigen und Lauerz seinen Namen von St. Nikolaus erhalten hat. Der Bezug dieses Gewässers zum Lauerzer Kirchenpatron liegt auf der Hand. Allgemein ist auffallend, wie in der Umgebung der Rigi die Flurnamen und auch die Festbräuche einen starken Bezug zu St. Nikolaus aufweisen. Rund um die Rigi, in Gersau, Vitznau, Küssnacht und Arth sind die Chlausbräuche besonders stark verankert.112Josias Clavadetscher, Triichle und Chlepfe, S. 75
Verfasser: Peter Betschart
Anmerkungen
- 1Thomas Fassbind, Religionsgeschichte, p. 4 verso
- 2Thomas Fassbind, Religonsgeschichte, p. 5 recta
- 3Thomas Fassbind, Religionsgeschichte, p. 9 recta
- 4QW, Abt. 1, Bnd. 1, Nr. 1485
- 5QW, Abt. 1, Bnd. 1, Nr. 1486
- 6Viktor Weibel, Namenbuch, Band 4, S. 353
- 7Carl Zay, Goldau, S. 260
- 8Aegidius Tschudi, Chronicon Helveticum, 1. Abt., Band VII/3, 1286, S. 60 und 61
- 9QW, Abt. 1, Bnd. 1, Nr. 1485
- 10Aufzählung gemäss Wilhelm Oechsli, Anfänge, Regesten S. 86, Nr. 294
- 11HU, Band I., S. 213
- 12HU, Band II, 2, S.547
- 13HU, Band II, 2, S.547
- 14Thomas Glauser, Die Bevölkerung im ausgehenden Mittelalter, Geschichte SZ, Band 2, S. 182
- 15QW, Abt. I, Band 3, Nr. 1084 (S. 792-794)
- 16Hans Stadler-Planzer, 900 Jahre Oberallmeinkorporation, S. 16
- 17Ebd. S 18
- 18Geschichtskalender, 1918/78
- 19Geschichtskalender, 1907/64
- 20Josef Wiget, Morgarten, S. 39
- 21QW, Abt. I, Band 2, Nr. 1600 (S. 783)
- 22Bruno Meyer, Hochmittelalterliche Grundlagen, in Geschichtsfreund, Band 100 (1947), S. 32
- 23QW, Abt. I, Band 3, Nr. 203 (S. 139): Am 8. Februar 1338 fordert ein von Stoffeln, habsburgischer Pfleger in Rothenburg, von den Arther Hofleuten 500 Pfund ausstehende Zinsen und Abgaben in Raten abzubezahlen. In dieser Urkunde ist die Rede davon, dass die fünf Arther Bürgen diesen Betrag in einem Wirtshaus in Arth abliefern sollen und dies soll «nach des landes recht und gwonheit ze Swiz» geschehen.
- 24QW, Abt. I, Band 3, Nr. 231 (S. 158)
- 25STASZ, HA.II.197
- 26QW, Abt. I, Band 3, Nr. 274 und STASZ HA.II.113
- 27QW, Abt. 1, Band 3, Nr. 1084 (s. 792)
- 28Wo die Grenzen des Dorfes Lauerz lagen, ist an Hand des Urbars nicht festellbar. Grundsätzlich ist die Bezeichnung «Dorf» im Habsburgischen Urbar nicht genau umschrieben. Auch Gänggigen (Gem. Arth) wurde beispielsweise als Dorf bezeichnet, obwohl noch heute lediglich einige Höfe dort stehen.
- 29QW, Abt. I, Band 3, Nr. 265 (S. 177)
- 30Martin Kothing, Landbuch, S. 209
- 31STASZ, HA.III.1285, S. 101 (p. 105)
- 32IVS, Strecke SZ 5, Seite 1
- 33Siehe unter anderem: Walter Imhof, Die ersten Muotataler, Triner Schwyz (2013)
- 34STASZ, HA.III.20, S. 150
- 35IVS, Strecke SZ 212
- 36Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, band 163 (2010), S. 117
- 37STASZ, HA.III.1285, S. 138 (p. 147)
- 38STASZ, HA.III.1285, S. 212 (p. 228)
- 39QW, Abt. I, Band 3, Nr. 319 (S. 213)
- 40STASZ, SG.CIII.42: Noch um 1851 wurde auf einem Plan der Seematt im Otten ein Weg auf die Rigi-Scheidegg eingezeichnet. Die französische Bezeichnung lautete: «Sentier à Scheidegg au mont Rigi».
- 41QW, Abt.1, Band 3, Nr. 319, Umlaute wurden vom Verfasser angepasst
- 42Vom Verfasser: Peter Betschart
- 43Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, Band 163 (2010), S. 116
- 44Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, Band 163 (2010), siehe Karte S. 118
- 45Hans-Ulrich Schiedt, Verkehrswege, in Geschichtsfreund, Band 163 (2010), S. 118-119
- 46Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 216
- 47Johann Gottfried Ebel, Anleitung auf die nützlichste und genussvollste Art der Schweiz zu reisen, Orell, Gessner, Füssli & Compagnie, Zürich (1793), S. 106-107
- 48«Wegweiser zu einer Fussreise 1873», Unbekannter Autor, Original-Dokument von Willy Dettling, Lauerz
- 49Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 230.2
- 50Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 228
- 51Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 230.1
- 52Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 212
- 53Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 212.1.1
- 54Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, Strecke SZ 218; sowie Karte STASZ, SG.CIII.30 und Karte von Carl Zay, Goldau
- 55Amtsblatt von 1916, S. 128
- 56QW, Abt. I, Band 3, Nr. 945 (S. 600)
- 57QW, Abt. I, Band 3, Nr. 966 (S. 640)
- 58QW, Abt. I, Band 3, Nr. 989 (S. 658)
- 59QW, Abt. I, Band 3, Nr. 975 (S. 651). Aus dem Jahrzeitbuch Arth, im Jahr 1640 erneuert.
- 60Erich Ketterer, Wer sind die «Unterällmiger», in Jubiläumsschrift, S. 25
- 61Geschichtsfreund, Band 11 (1855): S. 178
- 62Geschichtsfreund, Band 11 (1855): S. 179
- 63Carl Zay, Goldau, Karte von Fidel Zay. Dort ist ein Wegstück von Unter-Buosigen nach Ober-Buosigen eingezeichnet, das beim Heimwesen Ober Lindenmoos endet.
- 64Aus einer Gült aus dem Jahr 1645: «[…] und einem riedt Wyty genant samt dem Wintzenmattli», STASZ, HA.II.4213
- 65STASZ, HA.II.192
- 66STASZ, HA.II.192
- 67Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 80
- 68Andreas Meyerhans, Arth, S. 139, sowie STASZ HA.III.1885
- 69STASZ, HA.II.197
- 70Das Wappen im Siegel ähnelt jenem der Imfeld, einem Landleutegeschlecht aus Obwalden.
- 71Alois Dettling, Geschichtskalender, 1918/78
- 72Martin Kothing, Schwyzer Landbuch: S. 211
- 73STASZ, HA.III.50, S. 253 (p. 825) 08.10.1711: Zur Beschirmung der Landstrasse dürfe man weder grosses, noch kleines Holz, noch Stauden im Sitiwald neben dem Lauerzersee schlagen. Ansonsten würde man für jeden gehauenen Stock gebüsst.
- 74Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 125
- 75Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 125
- 76Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 239
- 77Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 126
- 78STASZ, HA.II.539 und Joseph Schneller, Regesten, S. 318
- 79Alois Dettling, Geschichtskalender, 1906/9
- 80Alois Dettling, Geschichtskalender, 1910/52
- 81Mitteilungen, Heft 6 (1889), S. 143-144
- 82Patrick Bürgi, Stefan Kälin, Marzell Camenzind, Röm. kath. Kirche Lauerz „St. Nikolaus“ – Ein Blick in unsere Kirche, 2. Auflage, 2011, S. 16
- 83Schwyzer Geschichtskalender, 1925/09. 2. Februar 1617: „Jakob Fuster, Landsäss der Kirche zu Lauerz zu St. Joder“
- 84Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, S. 327, er nimmt Bezug auf Johann Kaspar Lang, Historisch-Theologischer Grund-Riß, Band 1, S. 813
- 85Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Archidiakonat Aargau, Dekanat Luzern, Teil 4, Kanton Uri und Nidwalden, in Geschichtsfreund, Band 47 (1892), S. 327
- 86Florian Messner und Hagen Seehase, Ennetbirgische Feldzüge, S. 78
- 87Josef Wiget, Jahrzeitbuch Schwyz, S. 275. Im Original: Werni Im Hoff von Louwertz […], Hans, sin sun, verlor vor Melannd“
- 88Martin Wagner, Catalogus personarum ecclesiasticarum, S. 96
- 89Christian Caminada, Die Bündner Glocken, Anmerkung auf S. 66
- 90Christian Caminada, Die Bündner Glocken, Anmerkung auf S. 67
- 91Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 111
- 92Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 114
- 93Ernst Tremp, Theodor v. Octodurus, in Lexikon für Theologie und Kirche, Band 9, Herder, Freiburg (2000), S. 1415
- 94Christian Caminada, Bündner Glocken, S. 96
- 95H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Die Seegemeinden, Band II, Birkhäuser Verlag, Basel (19286), S. 278
- 96Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Teil 2, S. 303
- 97Nur in der Kapelle in Wilen (Ingenbohl), die im Jahr 1595 erbaut wurde, reiht sich der hl. Theodul in die Versammlung weiterer Schutzpatrone dieses Gotteshauses ein. Quelle: Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Teil 3, S. 86
- 98Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 113
- 99Pater Adalbert, Der Klosterbrand von Engelberg, in Geschichtsfreund, Band 31 (1876), S. 232
- 100Die Schweizerischen Heiligen des Mittelalters, S. 113
- 101Robert Durrer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwalden, Birkhäuser Verlag, Basel (1928, 1971), S. 18-19
- 102H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Die Seegemeinden, Band II, Birkhäuser Verlag, Basel (1986), S. 278
- 103Marion Sauter, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri. Schächental und unteres Reusstal. Band III, Bern (2017), S. 237
- 104H. Gasser, Die Kunstdenkmäler des Kantons Uri, Die Seegemeinden, Band II, Birkhäuser Verlag, Basel (1986), S. 148
- 105Ulrich Nachbaur, Der heilige Theodul als „Walser Patron“, in Verba volant, Onlinebeiträge des Vorarlberger Landesarchivs, S. 6
- 106Michael Benzenrath, Byzantinisch-orientalische Patrone, Heiligenpatrone aus der Kreuzzugszeit und dem Spätmittelalter, in Freiburger Geschichtsblätter, Jahrgang 20 (1913), S. 157
- 107Ebd. S. 161
- 108Legenda aurea, S. 26 – 34
- 109Ebd. S. 31
- 110Bauen am See, S. 98
- 111Arnold Nüscheler, Gotteshäuser, Teil 3, S. 87
- 112Josias Clavadetscher, Triichle und Chlepfe, S. 75